Groß Grabenstedt

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Groß Grabenstedt
Stadt Salzwedel
Koordinaten: 52° 51′ N, 10° 57′ OKoordinaten: 52° 51′ 22″ N, 10° 57′ 14″ O
Höhe: 29 m
Fläche: 3,35 km²[1]
Einwohner: (31. Dez. 2022)[2]
Bevölkerungsdichte: 1 Einwohner/km²
Eingemeindung: 20. Juli 1950
Eingemeindet nach: Grabenstedt
Postleitzahl: 29410
Vorwahl: 039038
Groß Grabenstedt (Sachsen-Anhalt)
Groß Grabenstedt (Sachsen-Anhalt)

Lage von Groß Grabenstedt in Sachsen-Anhalt

Groß Grabenstedt im März 2021 von Osten
Groß Grabenstedt im März 2021 von Osten

Groß Grabenstedt gehört zur Ortschaft Andorf und ist ein Ortsteil der Hansestadt Salzwedel im Altmarkkreis Salzwedel in Sachsen-Anhalt.

Geographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das ursprüngliche Dorf Groß Grabenstedt, war ein Rundplatzdorf mit Kirche auf dem Platz,[1] Es lag 13 Kilometer westlich von Salzwedel. Nordöstlich des geschleiften Dorfes liegt eine Biogasanlage. Westlich des ehemaligen Dorfes fließt Dumme, die heute die Grenze zum Bundesland Niedersachsen bildet.[3]

Der heutige bewohnte Rest des Dorfes ist ein großer Vierseitenhof an der Landesstraße 6. Er lag abseits des Rundplatzdorfes.[4]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mittelalter bis Neuzeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahre 1297 wurde Gerardus de Gravenstede, Ratsherr der Neustadt Salzwedel, in einer Beurkundung genannt.[5] Der Beleg kann auch Klein Grabenstedt betreffen.[1]

Im Landbuch der Mark Brandenburg von 1375 wird das Dorf als Gravenstede aufgeführt mit 6 Höfen und einer Mühle.[6] Weitere Nennungen sind 1449 dudeschen grauenstede[7], 1541 Deutsch Gravenstedt, 1608 Teutschen grauenstedt, 1687 Grossen Gravenstedt[1] und schließlich 1804 Groß Gravenstedt oder Grabenstedt.[8]

Knapp einen Kilometer südwestlich an der Dumme lag die „Groß Grabensteder Mühle“ später „Dietrichs Mühle“ genannt.[1]

Nach 1950[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zeitzeugen berichteten über die Situation nach 1950. Zum Dorf gehörten sechs Vierseitenhöfe von Großbauern, eine Wassermühle, die Feldsteinkirche, ein kleines Bauerngehöft, sechs Arbeiterwohnhäuser, eine Gaststätte, die Feuerwehr und die Schule, umgeben von Laubwäldern, Wiesen und Äckern. Etwa 100 Menschen wohnten in den 1950er Jahren in Groß Grabenstedt. Mit dem Einrichten der Sperrzone im Jahre 1952 wurden unbequeme Zeitgenossen und potenzielle Republikflüchtlinge um- und ausgesiedelt. Denn die innerdeutsche Grenze wurde verstärkt. 1961/62 kam der Stacheldraht hinzu. 1972/73 wurden der Signalzaun und die Hundelauftrasse installiert. Im Jahre 1986 mussten die letzten Einwohner in Zusammenhang mit den Zwangsaussiedlungen das Dorf verlassen. Danach wurden die Gebäude dem Erdboden gleichgemacht.[4][9]

Die evangelische Dorfkirche, ein kleiner flachgedeckter spätgotischer verputzter Rechteckbau aus Backstein, wurde 1988 abgerissen. Die Glocke der Kirche, ein Guss aus dem 13. oder frühen 14. Jahrhundert, hängt heute in der Dorfkirche Osterwohle.[10]

Herkunft des Ortsnamens[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jürgen Udolph führt den Ortsnamen auf das niederdeutsche Wort „grave“ für „Graben“ zurück.[10]

Eingemeindungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 20. Juli 1950 wurden die Gemeinden Groß Grabenstedt und Klein Grabenstedt zu einer Gemeinde mit dem Namen Grabenstedt im Landkreis Salzwedel zusammengeschlossen.[11] Am 1. Januar 1973 wurde Grabenstedt in die Gemeinde Andorf eingemeindet, Groß Grabenstedt wurde Ortsteil von Andorf. Am 1. Mai 1992 wurde Andorf in die Gemeinde Henningen eingemeindet.[12] Mit der Eingemeindung von Henningen in die Hansestadt Salzwedel am 1. Januar 2010 kam der Ortsteil Groß Grabenstedt zu Salzwedel und zur neu errichteten Ortschaft Henningen.[13] Am 1. Juli 2019 wurde aus der Gemarkung Grabenstedt und der Gemarkung Andorf die Ortschaft Andorf gebildet.[14] Groß Grabenstedt liegt in der Gemarkung Grabenstedt.[3] Somit gehört der Ortsteil Groß Grabenstedt seit dem 1. Juli 2019 zur Ortschaft Andorf.

Einwohnerentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Einwohner
1734 37
1774 68
1789 61
1798 65
1801 64
1818 55
Jahr Einwohner
1840 109
1864 096
1871 114
1885 089
1892 [00]094[15]
1895 099
Jahr Einwohner
1900 [00]109[15]
1905 107
1910 [00]094[15]
1925 096
1939 074
1946 096
Jahr Einwohner
2010 [00]5[16]
2015 [00]3[17]
2020 [00]2[18]
2021 [0]2[2]
2022 [0]2[2]

Quelle bis 1946, wenn nicht angegeben:[1]

Religion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die evangelische Kirchengemeinde Groß Grabenstedt gehörte zur Pfarrei Osterwohle.[19]

Sage über das Backhaus in Groß Grabenstedt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1865 überlieferte Friedrich Krüger die folgende Sage über die Inschrift „Fiek Lichterfeld 1666“ am Niemann’schen Backhaus im Dorf. Als die Schweden im Dreißigjährigen Krieg nach Groß Grabenstedt kamen, fanden sie nur eine Wöchnerin, die soeben von einer Tochter entbunden war. Der Offizier ließ sie von seinem Feldprediger taufen und ihr den Namen „Fiek“ geben. Der Vater des Kindes war im Krieg umgekommen und hieß Lichterfeld. Diese Fiek Lichterfeld erbaute nachher das Backhaus.[20][21]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Peter P. Rohrlach: Historisches Ortslexikon für die Altmark (= Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Teil XII). Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-8305-2235-5, S. 821–823, doi:10.35998/9783830522355 (E-Book zur zweibändigen Druckausgabe).
  • Wilhelm Zahn: Heimatkunde der Altmark. Nach Hinterlassenschaften des Verfassers bearbeitet von Martin Ehlies. 2. Auflage. Verlag Salzwedeler Wochenblatt, Graphische Anstalt, Salzwedel 1928, OCLC 614308966, S. 150 (Reprint 2018, SelbstVerlag Eugen & Constanze Gliege).
  • J[ohann] A[ugust] F[riedrich] Hermes: Historisch-geographisch-statistisch-topographisches Handbuch vom Regierungsbezirke Magdeburg. Hrsg.: J[ohann] A[ugust] F[riedrich] Hermes, M[ichael] J[ulius] Weigelt. Zweiter, oder topographischer Teil. Selbstverlag und W. Heinrichshofen in Kommission, Magdeburg 1842, OCLC 1071081004, S. 333, 62. Groß Grabenstedt (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Groß Grabenstedt – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f Peter P. Rohrlach: Historisches Ortslexikon für die Altmark (= Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Teil XII). Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-8305-2235-5, S. 821–823, doi:10.35998/9783830522355 (E-Book zur zweibändigen Druckausgabe).
  2. a b c Shannon Lang: Einwohnerzahl steigt wieder. In: Salzwedeler Volksstimme, Jeetze-Kurier Salzwedel. 28. Januar 2023, DNB 954815971, S. 17.
  3. a b Sachsen-Anhalt-Viewer des Landesamtes für Vermessung und Geoinformation (Hinweise)
  4. a b Alexander Rekow: Vergessenes Dorf. Der Zwei-Einwohner-Ort Groß Grabenstedt. In: Volksstimme Magdeburg, Lokalausgabe Salzwedel. 28. Januar 2019 (volksstimme.de [abgerufen am 14. April 2019]).
  5. Adolph Friedrich Riedel: Codex diplomaticus Brandenburgensis: Sammlung der Urkunden, Chroniken und sonstigen Quellschriften. Haupttheil 1. Band 14. Berlin 1857, S. 42 (Digitalisat).
  6. Johannes Schultze: Das Landbuch der Mark Brandenburg von 1375 (= Brandenburgische Landbücher. Band 2). Kommissionsverlag von Gsellius, Berlin 1940, S. 403 (uni-potsdam.de (Memento vom 6. April 2019 im Internet Archive)).
  7. Adolph Friedrich Riedel: Codex diplomaticus Brandenburgensis: Sammlung der Urkunden, Chroniken und sonstigen Quellschriften. Haupttheil 1. Band 5. Berlin 1845, S. 429 (Digitalisat).
  8. Friedrich Wilhelm August Bratring: Statistisch-topographische Beschreibung der gesammten Mark Brandenburg. Für Statistiker, Geschäftsmänner, besonders für Kameralisten. Band 1. Berlin 1804, S. 374 (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A10000735~SZ%3D00396~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D).
  9. Peter Hintze: Wie der eiserne Vorhang ein pulsierendes Dorf zerstörte. Zeitzeugin Ute Juschus erzählt über ihr Leben in Groß Grabenstedt. In: Volksstimme Magdeburg, Lokalausgabe Salzwedel. 2. August 2011 (volksstimme.de [abgerufen am 14. April 2019]).
  10. a b Matthias Friske: Die mittelalterlichen Kirchen in der nordwestlichen Altmark (= Bernd Janowski, Dirk Schumann [Hrsg.]: Kirchen im ländlichen Raum. Band 9). Lukas, Berlin 2021, ISBN 978-3-86732-379-6, S. 201.
  11. Zweite Verordnung zum Gesetz zur Änderung der Kreis- und Gemeindegrenzen zum 27. April 1950 (GuABl, S. 161). In: Landesregierung Sachsen-Anhalt (Hrsg.): Gesetz- und Amtsblatt des Landes Sachsen-Anhalt. Nr. 18, 5. August 1950, ZDB-ID 511105-5, S. 279 (PDF).
  12. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Gemeinden 1994 und ihre Veränderungen seit 01.01.1948 in den neuen Ländern. Metzler-Poeschel, Stuttgart 1995, ISBN 3-8246-0321-7, S. 358, 363.
  13. Vereinbarung über die Eingemeindung der Gemeinde Henningen in die Hansestadt Salzwedel (Gebietsänderungsvereinbarung) mit Genehmigung des Altmarkkreises Salzwedel vom 16. März 2009. In: Altmarkkreis Salzwedel (Hrsg.): Amtsblatt Altmarkkreis Salzwedel. 15. Jahrgang, Nr. 4. Salzwedel 22. April 2009, S. 86–88 (altmarkkreis-salzwedel.de [PDF]).
  14. Altmarkkreis Salzwedel (Hrsg.): Amtsblatt Altmarkkreis Salzwedel. 24. Jahrgang, Nr. 12. Salzwedel 19. Dezember 2018, S. 96, V. Satzung zur Änderung der Hauptsatzung (altmarkkreis-salzwedel.de [PDF; abgerufen am 14. April 2019]).
  15. a b c Wilhelm Zahn: Heimatkunde der Altmark. Nach Hinterlassenschaften des Verfassers bearbeitet von Martin Ehlies. 2. Auflage. Verlag Salzwedeler Wochenblatt, Graphische Anstalt, Salzwedel 1928, OCLC 614308966, S. 150 (Reprint 2018, SelbstVerlag Eugen & Constanze Gliege).
  16. Hansestadt Salzwedel: Integriertes Stadtentwicklungskonzept 2020. Juni 2015, S. 62–63 (salzwedel.de [PDF; abgerufen am 5. Mai 2019]).
  17. Jens Heymann: Kernstadt und Dörfer der Einheitsgemeinde Salzwedel legen zu. In: Altmark Zeitung, Ausgabe Salzwedel. 15. Januar 2016 (az-online.de).
  18. Alexander Rekow: Salzwedel schrumpft weiter. In: Salzwedeler Volksstimme, Jeetze-Kurier Salzwedel. 11. Januar 2022, DNB 954815971, S. 13.
  19. Pfarr-Almanach oder die evangelischen Geistlichen und Kirchen der Provinz Sachsen der Grafschaften Wernigerode, Rossla und Stolberg. 19. Jahrgang, 1903, ZDB-ID 551010-7, S. 99 (genealogy.net [Volltext und Scan]).
  20. Friedrich Krüger: Altmärkische Sagen. In: Jahresberichte des Altmärkischen Vereins für vaterländische Geschichte. 15. Jahresbericht, 1865, S. 29, 21. Groß Grabenstedt (altmark-geschichte.de [PDF]).
  21. Hanns H. F. Schmidt: Das große Sagenbuch der Altmark. Teil 1 von A wie Abbendorf bis K wie Kläden. dr. ziethen verlag, Oschersleben 1994, ISBN 3-928703-40-4, S. 93.